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Sondervorführung im Blankeneser Kino
Einführung: Prof. Friedemann Hellwig
Geschlossene Veranstaltung. Eintrittskarten in der Ausstellung Samstag, 17. April, 15 Uhr

'DER EWIGE JUDE' | Regie: Fritz Hippler, 1940

Der Propagandafilm "Der ewige Jude" ist ein berüchtigtes Produkt. Von zahlreichen Filmhistorikern wird er als Teil der propagandistischen Vorbereitung der so genannten "Endlösung der Judenfrage" betrachtet.
Im Oktober 1939 hatte Goebbels einen "Ghettofilm" in Auftrag gegeben, in der Meinung, dieser "Propagandafilm" sei in drei bis vier Wochen fertig zu stellen. Tatsächlich sollten bis zur Uraufführung am 28. November 1940 dreizehn Monate vergehen, während derer sich die Intention des Films deutlich wandelte.
Mit dem Überfall auf Polen trat die "Judenpolitik" des "Dritten Reiches" in eine neue Phase. Die Eroberung des Landes bedeutete zugleich einen Zuwachs an jüdischen Menschen unter "arischer" Kontrolle. Das von Tradition, Armut und Verfolgung geprägte Erscheinungsbild der überwiegenden Mehrheit der so genannten Ostjuden wurde von den Nationalsozialisten als das des "richtigen", des "ewigen" Juden festgeschrieben. Die "Entlarvung" und "Demaskierung" der "assimilierten" Juden im "Altreich" wurden fortan zu einem der wichtigsten Argumentationsstränge in der antisemitischen Propaganda.
Den Auftrag zum Film erteilte Goebbels; erst nachdem er von ihm abgenommen worden war, wurde der Film zur Aufführung freigegeben. Verantwortlich für die Produktion war Fritz Hippler als Leiter der Abteilung Film im Reichspropagandaministerium. Das Konzept des Films wurde von Eberhard Taubert, Oberregierungsrat und "Judenexperte" im Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda entwickelt. Ein weiterer "Judenexperte" des Ministeriums, Hans Hinkel, war im März 1940 für "Recherchen" und "Dokumentationsarbeit" verantwortlich. Es ist belegt, dass Hitler Anregungen gab, Schnittfassungen kritisch sichtete und die Abnahmefassung freigab. Der Film enthält Ausschnitte aus Wochenschauen, Kriegspropagandafilmen, sogar prozionistischen Filmen und weiteren Spielfilmen sowie eigens gedrehte Szenen, die zumeist in Lodz/Polen hergestellt wurden. Dokumentarisch wertvoll sind die Sequenzen aus einer Synagoge (ohne die gestellten "Schacherszenen"), obwohl sie unter Zwang gedreht wurden. Eine Reihe von Aufnahmen wurde von einem verdeckten Planwagen herab in einer die Personen erniedrigenden Perspektive gemacht; im übrigen konnten mit dem Erscheinen des mehrköpfigen Filmteams keine "unbemerkten" oder gar "natürlichen" Aufnahmen entstehen.
Von besonders widerwärtiger Eindringlichkeit sind die Schächtungsszenen, für deren Produktion eigens eine Erlaubnis zum Schächten gegeben wurde.
Der Erfolg des Filmes ist nur als mäßig zu betrachten, weil einerseits mit dem zuvor angelaufenen "Jud Süß" ein Spielfilm viel Aufmerksamkeit absorbiert hatte, andererseits weil die Schächtungsszenen und andere abstoßend wirkten und überhaupt das Publikum bis zu einem gewissen Grade der Propaganda überdrüssig war.

Lit.: Stig Hornshøj-Møller, "Der ewige Jude". Quellenkritische Analyse eines antisemitischen Propagandafilms (= Beiträge zu zeitgeschichtlichen Filmquellen, Bd. 2), Göttingen 1995.- Obiger Text wurde dieser Quelle entnommen.