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Historisch-politischer Vortrag

Mittwoch, 28. April, 20.00 Uhr Evangelische Kirche am Markt, Eintritt frei

Prof. Dr. Gerhard Paul, Flensburg:
Die Rettung von Juden in Schleswig-Holstein

Zum Thema des Vortrags

"...nein, den kenn' ich, der ist Italiener!" Hilfe für und Solidarität mit Juden in Schleswig-Holstein 1933 bis 1945
Obwohl Schleswig-Holstein schon früh eine Hochburg des Nationalsozialismus war, gelang es den neuen Machthabern nach 1933 nicht, das Land flächendeckend mit dem Ungeist des Antisemitismus zu durchdringen. Es blieben Nischen mitmenschlicher Solidarität und Barmherzigkeit, die sich in kleinen Gesten und gefährlichen Hilfsaktionen äußerten. Dies begann bereits am 1. April 1933, als der Boykott jüdischer Geschäfte zu einem Desaster wurde; es endete im April 1945, als Bewohner in Neumünster öffentlich gegen die Behandlung der jüdischen Angehörigen eines "Todesmarsches" aus Fuhlsbüttel durch die SS protestierten. "Judenfrei" wurde das Land zwischen den Meeren nie, wie dies die Nationalsozialisten erträumt hatten. Gerade die Abgeschiedenheit der nordfriesischen Inseln oder auch der Schlei-Dörfer sollte auch für Hamburger Juden zu einem Refugium werden, in dem mit Hilfe von Nachbarn und Behörden die Zeit der braunen Diktatur überlebt werden konnte. Auf der Grundlage jahrelanger Recherchen und eines groß angelegten Forschungsprojektes fächert der Vortrag des Flensburger Historikers und NS-Experten Prof. Dr. Gerhard Paul das breite Spektrum der Solidaritäts- und Hilfsmaßnahmen im braunen Alltag auf, wobei insbesondere die Bezüge zum nahen Hamburg herausgestellt werden.

Zum Vortragenden
Gerhard Paul, Prof. Dr., geb. 1951, Studium der Sozialwissenschaften und Geschichte, arbeitete für Erwachsenenbildung, Hörfunk, Fernsehen und Theater. 1990 Habilitation am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin, seit 1994 Professor für Geschichte und ihre Didaktik an der Universität in Flensburg; zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte des 20. Jahrhunderts, besonders zur NS-Zeit.

Von Gerhard Paul ist unter anderem erschienen:

Gerhard Paul,

Bilder des Krieges - Krieg der Bilder. Die Visualisierung des modernen Krieges, Paderborn: Schöningh Verlag, 2004 und München: Wilhelm Finck Verlag, 2004.

Gerhard Paul/Bettina Goldberg,
Matrosenanzug - Davidstern. Bilder jüdischen Lebens aus der Provinz, Neumünster: Wachholtz Verlag, 2002, 400 Seiten mit 607 Abbildungen, ISBN: 3529061441, 50,00 EUR
Die Bilddokumentation 'Matrosenanzug - Davidstern' stellt in über 600 größtenteils unveröffentlichten Fotografien und Textdokumenten erstmals umfassend die jüdische Minderheitenkultur in der norddeutschen Provinz im Zeitraum zwischen Kaiserreich und früher Bundesrepublik vor. Sie wirft einen Blick auf den nur wenig bekannten Alltag der Juden vor und nach 1933. Und sie folgt den Lebensgeschichten sowohl der während der NS-Zeit ermordeten Juden und Jüdinnen als auch derjenigen, die vertrieben wurden und sich in anderen Ländern eine neue Existenz aufbauen mussten. Die Fotografien, die zumeist aus jüdischem Privatbesitz stammen, werden durch ausführliche Bildunterschriften sowie einführende Texte erläutert und eingeordnet. Entstanden ist eine einzigartige und einfühlsame Dokumentation des einst so facettenreichen jüdischen Lebens in der Region und seiner mutwilligen Zerstörung.

Gerhard Paul (Hrsg.),
Die Täter der Shoah. Fanatische Nationalsozialisten oder ganz normale Deutsche? Dachauer Symposien zur Zeitgeschichte. Band 2, Wallstein Verlag, Göttingen 2002 ISBN 3892445036, Broschiert 280 Seiten, 20,00 EUR
Der Band liefert einen aktuellen Überblick der Forschungsergebnisse über die Täter der Shoah und trägt zur Versachlichung der Debatte über ein jahrzehntelang vernachlässigtes Thema bei. Verbrechen der Wehrmacht haben erstmals umfassend Fragen nach den Tätern der Shoah aufgeworfen. Handelte es sich bei ihnen um radikalisierte Desperados, um "ganz normale Männer" oder um fanatisierte Nationalsozialisten? Hatte sich die wissenschaftliche Forschung in den vergangenen fünf Jahrzehnten eher am Rande und spekulativ mit solchen Fragen beschäftigt, ist in den vergangenen fünf Jahren eine breite Täterforschung in Gang gekommen. Erste gesicherte Erkenntnisse zeigen, dass der Kreis der Täter die Kerngruppen des Nationalsozialismus weit überschritt und auch ausländische Kollaborateure einschloss.

Gerhard Paul
Landunter. Schleswig-Holstein und das Hakenkreuz, Dampfboot Verlag 2001 gebunden, 512 S, ISBN : 3-89691-507-X, € 35,00.
Schleswig-Holstein war 1932 das erste Land, in dem die Dämme gegen die nationalsozialistische Barbarei brachen. In keiner anderen Region tauchten nach 1945 so viele NS-Funktionäre unter wie hier. Der Band unternimmt erstmals den Versuch, die Gründe hierfür zu beleuchten. Außerdem geht er dem Leben unterm Hakenkreuz in Deutschlands hohem Norden nach.

Klaus-Michael Mallmann / Gerhard Paul (Hrsg.),
Die Gestapo im Zweiten Weltkrieg. `Heimatfront` und besetztes Europa, Primus Verlag, Darmstadt 2000 ISBN 389678188X, Gebunden 674 Seiten, 50,11 EUR
Im Anschluss an den erfolgreichen Band "Die Gestapo - Mythos und Realität" schließt dieser Band nun die Darstellung der unterschiedlichsten Teilbereiche der Gestapo ab. Die 27 Beiträge ausgewiesener Fachleute konzentrieren sich auf die Jahre 1939 bis 1945 und untersuchen die Wirkungsweise an der "Heimatfront" in Deutschland ebenso wie in den besetzten Gebieten.